Anpassung des Verjährungsrechts
Gemäss dem EGMR können asbestbedingte Erkrankungen auch später als 20 Jahre – im Fall Jann erst 45 Jahre nach der Exposition – geltend gemacht werden. Diese Entscheidung hebt die bisherigen Verjährungsfristen auf und anerkennt, dass die Manifestation asbestbedingter Krankheiten oft Jahrzehnte in Anspruch nimmt. Dies bedeutet einen signifikanten Schritt hin zu einer gerechteren Behandlung von Asbestopfern.
Auswirkungen auf die Schweiz
Die Entscheidung des EGMR sendet ein klares Signal an die Schweiz. Sie zeigt, dass die bisherige Verjährungsfrist nicht gültig ist, um die Rechte von Asbestopfern angemessen zu schützen. Dies betrifft nicht nur den einzelnen Fall, sondern etabliert eine Präzedenz für zukünftige Fälle von Asbesterkrankungen im Land.
Der Fall Jann
Der spezifische Fall, der zu diesem Urteil geführt hat, verdeutlicht die Herausforderungen, mit denen Asbestopfer konfrontiert sind. Marcel Jann wohnte während elf Jahren neben einer Eternitfabrik und einem Bahnhof, der als Umschlag für asbesthaltige Produkte genutzt wurde.Im Alter von 53 Jahren verstarb er an asbestinduziertem Brustkrebs. Seine Familie klagte um Genugtuung von CHF 110’000.- bis zum EGMR. Dieser hat die Schweiz nun wegen Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren verurteilt.
Bedeutung für andere Betroffene
Für Menschen, die in der Schweiz an Asbesterkrankungen leiden, bietet dieses Urteil neue Möglichkeiten, ihre Ansprüche geltend zu machen. Es entfernt die Hürde der Verjährung und ermöglicht es den Opfern, Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche vor Gericht zu bringen.
Allerdings ist dieses Urteil noch nicht rechtskräftig: Das Schweizer Bundesgericht muss nun entscheiden, wie sie mit der Diskrepanz zwischen nationalen Verjährungsfristen und den Vorgaben des EGMR umgehen. Sie hat drei Monate Zeit (bis Mai 2024), Beschwerde gegen das Urteil einzureichen.
Fazit
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu asbestbedingten Erkrankungen und deren Verjährungsfristen stellt einen wichtigen Schritt zur Anerkennung der langfristigen Gesundheitsrisiken dar, die mit Asbest verbunden sind. Für die Schweiz bedeutet dies eine Aufforderung, die eigenen Gesetze zu überdenken und anzupassen, um den Schutz und die Rechte der Asbestopfer zu gewährleisten.
Quelle: SRF – Das Verjährungsrecht wird aus den Angeln gehoben