Die Vereinigten Staaten von Amerika haben im April 2024 einen bedeutenden Schritt zur Verbesserung der Wasserqualität und des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung unternommen. Zum ersten Mal in der Geschichte wurden nationale Grenzwerte für per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) im Trinkwasser festgelegt. Diese Chemikalienklasse ist aufgrund ihrer Langlebigkeit und ihrer potenziell schwerwiegenden Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit bekannt geworden.
Hintergrund und Notwendigkeit der
Regulierung
PFAS, auch bekannt als «Ewigkeitschemikalien», sind in einer Vielzahl von Konsumgütern und industriellen Anwendungen zu finden, darunter in Feuerlöschschäumen, Kochgeschirr, Textilimprägnierungen und vielen anderen Produkten. Aufgrund ihrer chemischen Struktur sind sie extrem langlebig und bauen sich in der Umwelt praktisch nicht ab. Forschungen haben gezeigt, dass Millionen Amerikaner Trinkwasser konsumieren, das mit PFAS kontaminiert ist, was mit einer Vielzahl von Gesundheitsproblemen in Verbindung gebracht wird, darunter Krebs, Schilddrüsenerkrankungen und immunologische Störungen.
Die amerikanische Umweltschutzbehörde EPA («Environmental Protection Agency») schätzt ungefähr 6-10% der 66’000 öffentlichen Trinkwasseraufbereitungsanlagen weisen überhöhte PFAS-Werte aus.
Neue Regulierungen sollen helfen
Die EPA hat offiziell eine Regelung eingeführt, die lokale Wasserbehörden dazu verpflichtet, sechs spezifische PFAS-Chemikalien aus dem Trinkwasser zu entfernen. Die Behörden haben nun drei Jahre Zeit, um die Überwachung dieser Chemikalien in ihren Wassersystemen zu implementieren. Sollten dabei schädliche Konzentrationen festgestellt werden, wird den lokalen Verwaltungen eine Frist von fünf Jahren eingeräumt, um die Konzentrationen auf sichere Niveaus zu reduzieren.
Um die finanziellen Lasten zu mildern, die mit der Implementierung der neuen Wasserfiltrationstechnologien verbunden sind, hat die Regierung zusätzlich 1 Milliarde Dollar zur Verfügung gestellt.
Diese finanzielle Unterstützung ist Teil eines grösseren, 21 Milliarden Dollar umfassenden Budgets, das durch das «Bipartisan Infrastructure Law» für die Verbesserung der Trinkwasserqualität und andere Umweltschutzmassnahmen bereitgestellt wird.
Situation in der Schweiz
PFAS im schweizerischen Grundwasser
In der Schweiz ist die Situation bezüglich PFAS im Grundwasser ebenfalls ernst, wenn auch nicht in dem Masse wie in einigen Gebieten der USA. PFAS werden landesweit an fast der Hälfte der Messstellen der Nationalen Grundwasserbeobachtung NAQUA nachgewiesen. Besonders auffällig ist, dass PFAS vor allem in Siedlungsgebieten und Industrieregionen häufiger auftreten, was auf den lokalen Einsatz von PFAS-haltigen Produkten wie Feuerlöschschäumen und industriellen Prozessen zurückzuführen ist.
«Der Schwerpunkt der PFAS-Nachweise liegt primär im Siedlungsgebiet. Dort treten PFAS an mehr als 90 % der Messstellen auf. Mittelland und Jura sind in etwa gleich stark betroffen, während in den Voralpen und Alpen PFAS deutlich seltener nachgewiesen werden.» Auszug aus dem BAFU-Bericht «PFAS im Grundwasser»
Die aktuell gültigen Grenzwerte wurden nur an einer Messstelle überschritten.
Bericht vom Kassensturz im Schweizer Fernsehen
Massnahmen und Herausforderungen
Obwohl die aktuellen Grenzwerte für PFAS in der Schweiz nur selten überschritten werden, bleibt die Präsenz dieser Chemikalien im Grundwasser eine Herausforderung. Die schweizerischen Behörden haben in Reaktion auf die steigende Besorgnis über PFAS eine Reihe von Regulierungen und Überwachungsmassnahmen eingeführt. Eine im Jahr 2021 durchgeführte Pilotstudie zur NAQUA hat die Präsenz von 26 verschiedenen PFAS im Grundwasser festgestellt, was die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen und möglicherweise strengerer Regulierungen unterstreicht.
Die EU-Kommission hat 2022 einen Vorschlag für einen strengen Grenzwert für PFAS im Grundwasser gemacht. Dieser Grenzwert, der toxikologisch gewichtet ist, wurde auf 0.0044 µg/l für die Summe von 24 verschiedenen PFAS festgelegt.
Während die USA auf umfangreiche finanzielle Hilfen und strikte Grenzwerte setzen, konzentriert sich die Schweiz auf gezielte Überwachung und vorsichtige Regulierung, wobei stets die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigt werden.
Häufig gestellte Fragen zu PFAS
Was sind PFAS?
PFAS steht für «per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen». Es handelt sich um eine grosse Gruppe von künstlich hergestellten Chemikalien, die in vielen Alltagsprodukten wie Kochgeschirr, wasser- und schmutzabweisender Kleidung, Verpackungsmaterialien und Feuerlöschschäumen vorkommen. Ihre chemische Struktur ermöglicht es ihnen, Wasser, Öl und Schmutz abzuweisen, was sie für viele industrielle und kommerzielle Anwendungen wertvoll macht.
Warum sind PFAS problematisch?
PFAS sind problematisch, weil sie in der Umwelt nicht oder nur sehr langsam abgebaut werden und sich in lebenden Organismen anreichern können. Studien haben gezeigt, dass sie mit verschiedenen gesundheitlichen Problemen verbunden sind, darunter Krebs, hormonelle Störungen, immunologische Beeinträchtigungen sowie negative Auswirkungen auf die Leber und die reproduktive Gesundheit.
Wie gelangen PFAS in das Trinkwasser?
PFAS können auf verschiedene Weisen in das Trinkwasser gelangen. Häufige Quellen sind industrielle Abwässer, der Einsatz von PFAS-haltigen Produkten wie Feuerlöschschäumen bei Übungen oder Bränden und die Infiltration von kontaminiertem Oberflächenwasser oder Niederschlag in das Grundwasser. Auch alte Mülldeponien und undichte Abfalllagerstätten sind potenzielle Quellen für PFAS im Grundwasser.
Welche Massnahmen werden weltweit gegen PFAS unternommen?
Verschiedene Länder haben begonnen, Massnahmen gegen die Verbreitung und Belastung durch PFAS zu ergreifen. Dazu gehören die Einführung von Grenzwerten für PFAS im Trinkwasser, Verbote bestimmter PFAS in Produkten und Prozessen sowie umfangreiche Überwachungs- und Sanierungsprojekte kontaminierter Standorte.
Gibt es gesundheitliche Richtlinien für PFAS?
Die gesundheitlichen Richtlinien für PFAS variieren je nach Land und Region. In den USA hat die Umweltschutzbehörde (EPA) Vorschläge für gesundheitsbasierte Orientierungswerte veröffentlicht, während die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) toxikologische Bewertungen durchführt, um Grenzwerte festzulegen. Diese Richtlinien sind darauf ausgelegt, das Risiko gesundheitlicher Auswirkungen durch PFAS-Kontamination zu minimieren.
Hier finden Sie eine Karte der Schweiz, die die unterschiedlichen PFAS-Belastungen aufzeigt:
Quelle: BAFU
Wie wird die Zukunft der PFAS-Regulierung aussehen?
Die Regulierung von PFAS ist ein sich schnell entwickelndes Feld, da neue wissenschaftliche Erkenntnisse und technologische Fortschritte zu einem besseren Verständnis der Risiken und zur Entwicklung effektiverer Entfernungsmethoden führen. Es ist wahrscheinlich, dass die Gesetzgebung weltweit weiter verschärft wird, um die menschliche Gesundheit und die Umwelt vor den langfristigen Auswirkungen dieser persistenten Chemikalien zu schützen. Weitere Verbote und Einführungen von Grenzwerten liegen auf der Hand.