CMR-Stoffe – oft verwendet und zu wenig geschützt

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Mehr als 90% der Betriebe arbeiten mit CMR-Stoffen und 75% der Mitarbeitenden sind nicht über deren Gefahren informiert. Das sind beängstigende Zahlen, denn die Stoffe sind krebserregend, mutagen und reproduktionstoxisch. Was das bedeutet, wo die Stoffe vorkommen, wie sie diese erkennen und vorgehen sollten, erfahren Sie in diesem Artikel.

Definition CMR-Stoffe

CMR-Stoffe und -Zubereitungen sind giftige Substanzen, die sich schädlich und unterschiedlich auf den Körper auswirken. Die Abkürzung CMR steht für:

  • C – steht für “Cancer” (Krebs) und somit für krebserregend
  • M – steht für mutagen. D.h. sie können Schäden in der Erbsubstanz anrichten
  • R – steht für reproduktionstoxisch. Sie beeinflussen die Fruchtbarkeit eines Menschen und die Entwicklung des Fötus im Mutterleib

CMR steht somit für deren Einfluss auf den Körper. Sie umfassen eine eigene Giftklasse und werden entsprechend mit einem Gefahrensymbol gekennzeichnet.

CMR-Stoff Kennzeichnung mit Piktogramm GHS08

Kennzeichnung von CMR-Stoffen

CMR-Stoffe und -Zubereitungen sind gekennzeichnet mit dem GHS08-Piktogramm. Es zeigt einen sich auflösenden Oberkörper in einem Warnvierreck. Die Kennzeichnung der Stoffe wird vorgeschrieben vom Chemikaliengesetz (ChemG). Gekennzeichnet werden sie nach dem einheitlichen System “Globally Harmonised System” (GHS). Die Details und die H-Sätze können aus dem Sicherheitsdatenblatt (SDB) entnommen werden.

Verzögerter Einfluss auf den Körper

CMR-Stoffe können kurzfristig keine oder nur gering bemerkbare Eigenschaften auf den Körper bewirken. Langfristig ist der ungeschützte Umgang damit jedoch problematisch: Die Stoffe gelangen über die Luft (Atmung), den Kontakt (Haut) oder durch die Einnahme (Magen-Darm) in den Körper. Je länger und intensiver man den Stoffen ausgesetzt ist, desto höher das Risiko. Diese Verzögerung zwischen Exposition und Erkrankung macht es schwierig, den Zusammenhang zu erkennen. Somit sind die Zahlen, Statistiken und Angaben nur Schätzungen – Berufserkrankungen können somit häufiger sein, als die effektiv gemeldeten Verdachtsfälle belegen.

CMR-Stoffe: Beispiele und Zahlen

CMR-Stoffe und -Zubereitungen sind deutlich verbreiteter als viele annehmen. Sie finden in der Industrie und im Gewerbe eine breite Anwendung für die Behandlung und Veredelung von Oberflächen und werden auch bei der Reinigung angewendet. Mitarbeitende sind sich oft nicht bewusst, dass sie mit gefährlichen Stoffen arbeiten. Deshalb sind die präventiven Sicherheitsmassnahmen und die Bewusstseinsförderung elementar.

Die Suva schreibt dazu folgende Sätze, die dies eindrücklich darstellen (Stand 2024):

  • Mehr als 90% der Betriebe arbeiten mit CMR-Stoffen
  • 75% der Mitarbeitenden, die mit CMR-Stoffen arbeiten, sind nicht instruiert
  • 65% der Betriebe erkennen nicht Einsatz von CMR-Stoffen

Beispiele von CMR-Stoffen im Arbeitsalltag

  • Reinigung und Gebäudeunterhalt
    Reinigungsmittel wie Boden- oder Fensterreiniger enthalten oft Ethylenglykole oder andere Lösungsmittel. Diese Stoffe können reproduktionstoxisch sein. 
  • Metallbearbeitung
    Für die Entfettung von Metallteilen werden Lösungsmittel verwendet, welche oft kerbserregende und reproduktionstoxische Komponenten enthalten.
  • Veredelung von Oberflächen
    Bei der Bearbeitung und Veredelung von Metalloberflächen (z.B. Emaillieren) können Dämpfe oder Stäube auftreten, welche krebserregende und reproduktionstoxische Wirkung haben.
  • Bestattungswesen
    Im Bestattungswesen verwendete Lösungsmittel enthalten teilweise CMR-Stoffe und -Zubereitungen.

Richtiger Umgang mit CMR-Stoffen

Mit folgendem Schutz- und Massnahmenkonzept können Sie die Gefahren von CMR-Stoffen minimieren oder beseitigen:

1. CMR-Stoffe erkennen

CMR-Stoffe und -Verbindungen werden mit dem GHS08-Piktogramm gekennzeichnet. Informationen und Details entnehmen Sie dem Sicherheitsdatenblatt.

2. CMR-Stoffe ersetzen

Prüfen Sie primär den kompletten Ersatz von CMR-Stoffen in Ihrem Betrieb. Das Ziel ist es, einen wertigen Ersatzstoff zu finden, welcher nicht mit dem entsprechenden Gefahrensymbol gekennzeichnet ist.
Beispielsweise kann ein industrieller Wachs auf Basis aromatischer Mineralölfraktionen durch ein vergleichbares Produkt auf Basis von Bienenwachs ersetzt werden.

3. Schutzmassnahmen einführen

Im Umgang mit CMR-Stoffen und -Zubereitungen gilt das STOP-Prinzip. Kann ein Ersatz vom Produkt (Substitution=S) nicht stattfinden, dann kommt TOP zum Zug.

  • S = Substitution (siehe Punkt 2)
  • T = Technische Schutzmassnahmen
    Einsatz von Massnahmen zur Erkennung und Beseitigung von Stoffen (inkl. Wartung und Unterhalt). Beispielsweise durch Absaugung.
  • O = Organisatorische Massnahmen
    Organisieren Sie den Umgang mit den Schadstoffen durch Limitierung der Mengen, der betroffenen Personen. Informieren Sie die Mitarbeitenden, erklären Sie die Risiken, Kennzeichnen Sie die Gefahren, grenzen Sie Risikobereiche ab und schaffen Sie Räume fürs Umkleiden, Reinigen und für Pausen.
  • P = Personenbezogene Massnahmen
    Involvierte Mitarbeitende müssen sich den Gefahren bewusst sein und zum Kollektivschutz beitragen. Zudem muss persönliche Schutzausrüstung (PSA) eingesetzt werden.

Gesetzliche Verpflichtung von Arbeitgebern

Arbeitgeber sind verpflichtet, Mitarbeitende vor Gefahren zu schützen. Sie müssen ihren Mitarbeitenden somit die Risiken im Umgang mit CMR-Stoffen kommunizieren, Massnahmen treffen und Hygieneregeln am Arbeitsplatz sicherstellen. Die persönliche Schutzausrüstung (PSA) muss zur Verfügung gestellt und der Umgang muss instruiert werden.

Häufige Fragen rund um CMR-Stoffe

Wie erhalte ich ein Sicherheitsdatenblatt (SDB) und wie alt darf es sein?

Das Sicherheitsdatenblatt erhalten Sie in der aktuellen Version und in der entsprechenden Sprache vom Hersteller. Sie können dies jederzeit anfragen, um entsprechende Einsicht zu erhalten. Sicherheitsdatenblätter, welche älter als drei Jahre sind, sind vermutlich nicht mehr aktuell.

Was bedeuten die unterschiedlichen H-Sätze?

Die H-Sätze stehen für unterschiedliche Gefahrenhinweise. Sie sind im Sicherheitsdatenblatt enthalten.

  • H340 – Kann genetische Defekte verursachen
  • H341 – Kann vermutlich genetische Defekte verursachen
  • H350 – Kann Krebs erzeugen
  • H350i – Kann beim Einatmen Krebs erzeugen
  • H351 – Kann vermutlich Krebs erzeugen
  • H360 – Kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder das Kind im Mutterleib schädigen
  • H361 – Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder das Kind im Mutterleib schädigen

Gibt es eine Liste mit den CMR-Stoffen?

Die DGUV (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung) publiziert hier eine Liste von CMR-Stoffen. Sie beinhaltet zahlreiche Positionen inklusive CAS- und EG-Nummern sowie der Einstufung des Gesundheitsrisikos. Die aktuelle Fassung von 2022 kann hier heruntergeladen werden.